Forschungsschwerpunkte

  

Das Fachgebiet befasst sich mit betriebswirtschaftlichen Aspekten der Supply Chain Planung und des Supply Chain Management. Während Produktionswirtschaft als Kernfach der Betriebswirtschaftslehre ganz allgemein Transformations-und Kombinationsprozesse von – meist in ihrer Verfügbarkeit beschränkten – Inputfaktoren in höherwertige Outputgüter betrachtet, setzt sich die Supply Chain Planung mit der Gestaltung, computerbasierten Unterstützung und operativen Umsetzung von Planungsprozessen intra-organisationaler Wertschöpfungsnetzwerke (sog. „Supply Chains“) auseinander. Die Supply Chain Planung stellt somit eine Fortführung der Logistikentwicklung der letzten Jahrzehnte dar. Aufgrund der fortschreitenden Integration aller logistischen Funktionsbereiche eines Unternehmens reicht es hierbei inzwischen nicht mehr aus, sich allein auf die Transformationsprozesse eines Unternehmens oder gar isolierter Betriebe zu beschränken.

Vielmehr ist es auch nötig, die Einbettung der Produktionsplanung und –steuerung (PPS) in die gesamte Logistikplanung eines Unternehmens zu sehen. Diese Planung wird in Industriebetrieben zunehmend durch sog. „Advanced Planning Systeme (APS)“ als Ersatz für bzw. Erweiterung von PPS-Systemen unterstützt. Durch Verwendung von Optimierungsmethoden des Operations Research versuchen diese Softwaresysteme, Planungsprozesse zu automatisieren und zu beschleunigen, aber auch Gewinne zu erhöhen bzw. Kosten zu sparen. Eine ähnliche Ausweitung des Fokus fand in den letzten Jahren im Rahmen des sog. Supply Chain Management auch im inter-organisationalen Zusammenspiel mehrerer Unternehmen statt.

Diese aktuellen Entwicklungen finden sich im Forschungsprogramm des Fachgebiets wieder. Es umfasst derzeit und in naher Zukunft folgende Themengebiete:

Branchenspezifische Planungskonzepte auf Grundlage Hierarchischer Planung:
Dieser Forschungsbereich untersucht Integrationsmöglichkeiten separater Planungsverantwortlichkeiten – wie der kurz- und mittelfristigen Beschaffungs-, Produktions-, Transport- und Absatzplanung – zu einem nach Grundprinzipien der Hierarchischen Planung möglichst gut abgestimmten Planungssystem. Besonderer Fokus lag bisher auf der Automobilindustrie, der Konsumgüterindustrie, Computerherstellung und Mineralölindustrie.

Einsatz von Advanced Planning Systemen zur Supply Chain Planung:
Hier wird erforscht, inwieweit auf dem Softwaremarkt erhältliche kommerzielle APS den Praxiseinsatz solcher Planungskonzepte derzeit unterstützen. Durch Modellierung mit bzw. Evaluation von APS werden Lücken identifiziert, die bisher durch Software noch nicht zufriedenstellend abgedeckt sind. Diese Forschungsergebnisse fließen in ein Buch ein, das als Standardwerk zum Supply Chain Planning inzwischen bereits in der vierten Auflage erschienen und in mehrere Sprachen übersetzt ist (Stadtler, H. & Kilger, C. (Hrsg.): Supply Chain Management and Advanced Planning, 4. Aufl., Springer, Heidelberg, 2007).

Simultane Losgrößen- und Reihenfolgeplanung bei Fließfertigung:
Eine solche Lücke von APS besteht noch im Bereich der Losgrößen- und Reihenfolgeplanung bei Fließfertigung. Die Methodenentwicklung für dieses Anwendungsgebiet stellt ein etabliertes und dennoch aktuelles Forschungsgebiet dar, aus dem bereits mehrere internationale Publikationen entstanden sind.

Operative Planungsaufgaben des Demand Fulfillment:
Demand Fulfillment beschäftigt sich mit der kurzfristigen Erfüllung von Kundenaufträgen und insbesondere mit der Übertragung von Ideen des Revenue Management, das bisher hauptsächlich in der Serviceindustrie eingesetzt wurde, auf produzierende Unternehmen. Dieser Forschungsbereich ist derzeit u.a. auch Teil des drittmittelgeförderten Forschungsprojekts Demand Fulfillment in Customer Hierarchies.

Strategic Network Design in der Automobilindustrie:
Die durch die Finanzkrise hervorgerufenen weltweiten Probleme der Automobilindustrie haben gezeigt, wie wichtig das Design von robusten Supply Chain Strukturen ist, mit denen schnell und flexibel auf Unsicherheiten in der Nachfrageentwicklung oder auf Wechselkursrisiken reagiert werden kann.

Entkopplungspunkte / Nachfrageprognosen bei teilweise vorliegenden Kundenaufträgen:
Traditionelle Prognosemethoden nutzen Vergangenheitsinformation, um Vorhersagen über die zukünftige Nachfrageentwicklung zu machen. Die Forschung zu Entkopplungspunkten in Supply Chains hat jedoch gezeigt, dass in Form von „Kundenaufträgen mit längerer Lieferfrist“ häufig auch zusätzliche Information über die zukünftige Nachfrage vorliegt, die die Prognosequalität verbessern könnte.

Strategische Netzwerkplanung in Biomasse-basierten Supply Chains:
Aufgrund der Endlichkeit von fossilen Ressourcen und deren erheblichen Einflusses auf den Klimawandel ist ein grundlegender Bewusstseinswandel in Wirtschaft und Ökologie notwendig. Besonders die Energiegewinnung sollte zukünftig anstatt auf fossilen Energieträgern auf erneuerbaren Energien begründet sein. Um einen solchen Bewusstseinswandel zu unterstützen, werden Operations Research Modelle und Methoden auf strategische Planungsprobleme Biomasse-basierter Supply Chains angewandt.